Unser erster gemeinsamer Camino geht weiter. Der erste Teil des Artikels führte uns von Porto, dem Ausgangspunkt des Camino, bis zur Grenzstadt Tui auf der spanischen Seite. Ostern in den kleinen portugiesischen Städten war unerwartet laut und festlich, und es war eine Freude, die kulturellen Unterschiede zu erleben. Wir hatten erwartet, dass zu Ostern mehr Pilger unterwegs sein würden, aber das schien nicht der Fall zu sein, zumindest nicht auf der portugiesischen Seite.
Tui, die erste Stadt Spaniens, liegt etwas mehr als 100 km von Santiago entfernt und ist ein beliebter Ausgangspunkt für Pilgerreisen. Wir verbrachten einen Ruhetag in Tui und genossen die kleine, aber gemütliche Stadt.
Auf der portugiesischen Seite hatten wir Glück mit dem Wetter, es regnete kein einziges Mal und hatten so keine Gelegenheit, unsere neuen Ponchos zu testen, aber wer weiß, was auf der spanischen Seite passieren wird?
Tag 9 Tui – O Porriño
Entfernung 17km – Höhenunterschied 120m Aufstieg, 130m Abstieg
Das heutige Ziel ist die 17 km entfernte Stadt O Porriño. Wenn man zwei Wochen auf dem Camino Portugues von Porto aus wandert, muss man keine großen Strecken zurücklegen.
Viele wandern mehr als 30 km pro Tag auf dem Camino, aber wir bevorzugen eine gemütliche Wanderung von etwa 20 km.
Nachdem wir die Stadt Tui verlassen haben, wandern wir durch den Wald entlang wenig befahrener Landstraßen.
Am Ortsausgang von Orbenlle teilt sich der Camino in zwei Teile: die Straße durch das Industriegebiet und die Straße durch den Wald entlang des Flusses Louro.
Wir haben uns natürlich für den Weg durch den Wald entschieden. Diese Strecke ist wunderschön, aber wie wir gehört hatten, gab es keine Cafés, in denen man einkehren konnte. Wir hatten am Vortag in Tui Empanadas für unsere Pause gekauft und waren sehr froh darüber.
Eine Sache, die uns beim Wandern auf dem Camino Portugues auf der spanischen Seite besonders auffiel, war die Tatsache, dass es mehr Picknickbänke oder Rastplätze für die Pilger gab.
Das ist eine willkommene Abwechslung, denn auf der portugiesischen Seite saßen wir manchmal auf einer Steinmauer am Straßenrand, um uns auszuruhen.
O Porriño ist eine kleine Stadt, umgeben von Autobahnkreuzen. Es ist eine typische galicische Kleinstadt, die ohne den Camino nicht wirklich Touristen anziehen würde. In der letzten Stunde der Tagesetappe regnete es übrigens so stark, dass wir zum ersten Mal unsere Ponchos auspacken mussten. Das zusätzliche Gewicht mitzuschleppen, hat sich dann doch ausgezahlt!
Etwas zusätzliche Aufregung gab es unterwegs ebenfalls. Bei einer Pause in einem Café in Ribadelouro, etwa 6 km von Tui entfernt, treffen wir eine Pilgerin, die uns erzählt, dass sie in diesem Wald fast von einem Fremden überfallen wurde. Sie sagte, nachdem sie einige Zeit von diesem Mann verfolgt worden war, sei er plötzlich von vorn aufgetaucht und habe sie erschreckt und ist ihr zu nahe gekommen, so dass sie fliehen musste.
Der besorgte Besitzer des Cafés schickte sofort einen Wagen los, um nach dem Verdächtigen zu suchen, der später von der Polizei dann auch festgenommen wurde. Solche Geschichten hört man vereinzelt auf dem Camino und es hängen auch immer wieder Zettel der Guardia Civil (Polizei) mit der Aufforderung, solche Vorkommnisse zu melden, herum.
Im Allgemeinen ist der Camino ein sicherer Weg für Frauen, aber wenn man wie heute auf einsamen Wegen im Wald wandert, die zudem leicht mit dem Auto zu erreichen sind, schadet es nicht, sich anderen Pilgern anzuschließen.
Wer zur Hauptsaison unterwegs ist, wird das Problem der Einsamkeit ohnehin eher weniger haben.
RESTAURANTE PASO A NIVEL
R. Progreso, 1, 36400 O Porriño, Pontevedra, Spain
Sehr trendiges Restaurant, Mittagsmenü für 11 € sehr empfehlenswert. Es gibt auch eine große Auswahl an Desserts, und die Käsekuchen sind ausgezeichnet!
Notrenid
Apartment mit 1 Schlafzimmer 58EUR
Ein sehr geräumiges schönes Apartment direkt auf dem Camino
Tag 10 O Porriño- Redondela
Entfernung 15,8km – Höhenunterschied 240m Aufstieg, 280m Abstieg
Die letzte Nacht war nicht gerade ruhig, da es die ganze Nacht stark geregnet hat. Glücklicherweise hörte der Regen am Morgen auf und wir starteten unsere heutige Etappe bei bewölktem Himmel.
Wie bereits erwähnt, ist die Stadt O Porriño von Autobahnkreuzen umgeben, und um von hier aus zu Fuß in die Vororte zu gelangen, muss man entlang stark befahrener Straßen laufen.
Zum Glück gibt es im Gegensatz zur portugiesischen Seite einen Fußgängerweg, so dass es nicht gefährlich ist, aber auch kein Vergnügen.
Die heutige Strecke ist größtenteils asphaltiert und führt durch kleine Ortschaften.
Die Stadt Redondela selbst ist weniger trostlos als O Porriño gestern, aber es scheint kaum etwas von touristischem Interesse zu geben.
Sie liegt allerdings am Ende der Ría de Vigo (Meeresbucht) und bietet sich für einen Spaziergang entlang der Küste an.
78 Gastrobar
Rúa Pai Crespo, 13, 36800 Redondela, Pontevedra, Spain
Empfehlenswert, wenn man genug von der normalen spanischen Küche hat, Mittagsmenü für 11 €.
Albergue A Casa da Herba
Doppelzimmer mit Gemeinschaftsbad 47EUR
Sehr schöne saubere Herberge, Waschmaschine und Wäschetrockner für je 3 € verfügbar.
Tag 11 Redondela – Pontevedra
Entfernung 20,5km – Höhenunterschied 330m Aufstieg, 320m Abstieg
Es sieht so aus, als würde es heute jeden Moment wieder regnen.
Seit wir die spanische Seite betreten haben, ist das Wetter jeden Tag sehr galicisch. Man hört immer wieder, dass es in Galicien 100 verschiedene Wörter für Regen gibt, also solange es nicht den ganzen Tag regnet, kann man von schönem Wetter sprechen.
Die Strecke nach Pontevedra, unserem heutigen Ziel, war sehr abwechslungsreich und spannend. Höhepunkt der heutigen Etappe ist die mittelalterliche Steinbrücke Ponte Medieval de Pontesampaio. Die Route des Camino Portugues, die im Landesinneren verläuft, bietet wenig Gelegenheit, das Meer zu sehen, dafür aber wunderschöne Flüsse.
Hier beobachten wir eine Weile die Einheimischen, die mit dem Kanu flussaufwärts fahren. Bisher haben wir Galicien nur mit dem Camino in Verbindung gebracht, aber entspanntes Kanufahren in der Natur Galiciens ist vielleicht keine schlechte Art, den nächsten Urlaub zu verbringen.
Die letzten 5-6 km bis zu unserem heutigen Ziel, Pontevedra, führen eigentlich über eine Uferpromenade. Dieser Camino entlang des Río Tomeza wurde vor einigen Jahren neu angelegt und ist landschaftlich sehr schön, aber der morgendliche Regen hatte überall Pfützen hinterlassen, so dass wir auf halber Strecke auf den alten Camino = Asphaltstraße wechseln mussten.
Pontevedra ist eine schöne Stadt, aber viele Pilgerherbergen liegen außerhalb der Altstadt. Wenn man also nach der Ankunft in der Herberge nicht weiterlaufen möchte, sollte man sich am nächsten Morgen Zeit für einen Spaziergang durch die Altstadt nehmen. Folgt man den Wegweisern des Camino, kommt man ohnehin an den Highlights der Altstadt vorbei.
Alcrique
Rúa Joaquín Costa, 25, 36001 Pontevedra, Spanien
Modernes spanisches Restaurant. Sehr beliebte Lokale, an den Wochenenden ist eine Reservierung erforderlich.
Hotel Room Pontevedra
Doppelzimmer 56EUR
Saubere und geräumige Zimmer, aber die Wände sind dünn und sehr hellhörig. Gute Lage in der Nähe der Altstadt.
Tag 12 Pontevedra – Caldas de Reis
Entfernung 21,7km – Höhenunterschied 200m Aufstieg, 200m Abstieg
Auf diesem Camino übernachten wir hauptsächlich in Privatzimmern, sind aber immer wieder überrascht, wie dünn die Wände in den billigen Hotels in Spanien und Portugal sind.
Ein Privatzimmer bedeutet daher nicht, dass man von Schnarchen und Lärmbelästigung verschont bleibt.
Die heutige Strecke ist eine sehr gemütliche Wanderung durch die kleinen Dörfer und Wälder Galiziens. Die Landschaft war sehr idyllisch und auch für unseren eher unausgeschlafenen Körper war der Weg entspannend.
Caldas de Reis ist bekannt für seine heißen Quellen. Da wir schon überall auf der Welt heiße Quellen genutzt haben, wären wir auch hier gerne hineingegangen, aber wir hatten vergessen, unsere Badesachen mitzunehmen. Wir hatten uns daher umso mehr auf ein Fußbad im Stadtzentrum gefreut, um wenigstens etwas von der heißen Quelle zu haben, aber das Becken war leider nicht sehr gepflegt, obwohl von Touristen stark frequentiert und immer wieder in Reiseführern empfohlen.
Pilgern und heiße Quellen genießen – das geht wohl doch am besten in unserer zweiten Heimat Japan.
Pension Augas Quentes
Doppelzimmer mit Gemeinschaftsbad 37EUR
Ein Zimmer in einer normalen Wohnung, die als Pension genutzt wird, sehr sauber und ruhig. Es war schwierig, die Eingangstür zu öffnen, mussten mehrmals die Besitzerin kontaktieren.
Tag 13 Caldas de Reis – Padrón
Entfernung 18,7km – Höhenunterschied 200m Aufstieg, 210m Abstieg
Im Allgemeinen wird der Camino häufig von Radfahrern geteilt. Der Camino Portugues ist nicht nur bei Pilgern beliebt, sondern auch bei Einheimischen, die gerne Rad fahren.
Der Konflikt zwischen Wanderern und Mountainbikern ist in der Alpenregion, in der wir leben, ein viel diskutiertes Thema. Auch auf dem Camino hören wir immer wieder von diesem Problem und besonders Spanier sind unserer Erfahrung nach, echt verrückt nach ihren Rennrädern.
Die heutige Strecke scheint bei Radfahrern besonders beliebt zu sein, denn wir sind echt unentwegt Gruppen begegnet. Kein Wunder, denn der Camino zwischen Caldas de Reis und Padrón führt fast ausschließlich durch herrliche Wälder mit moderaten Höhenunterschieden und einer beeindruckenden Landschaft.
Unser Ziel Padrón, war ein irgendwie seltsamer Ort. Er ist der Namensgeber einer unserer Lieblingstapas, Pimientos de Padrón, und spielt eine wichtige Rolle im Jakobsweg, aber die ganze Stadt hatte eher das Flair einer etwas heruntergekommenen Hafenstadt.
Sicherlich wird der Lockdown dort auch seinen Teil beigetragen haben.
Pulperia Rial
Praza das Travesas, 13, 15900 Padrón, A Coruña, Spanien
Berühmt für den Oktopus; mit einem Aufschlag von 3 € auf die Mittagskarte kann man den Oktopus auch als Vorspeise bestellen.
Ecorooms PADRÓN
Doppelzimmer mit Gemeinschaftsbad 40EUR
Auch wieder ein Zimmer in einer normalen Wohnung, die als Pension genutzt wird. Sauber und geräumig, aber sehr einfaches Zimmer
Tag 14 Padrón – Santiago de Compostela
Entfernung 23,5km – Höhenunterschied 400m Aufstieg, 150m Abstieg
Heute wandern wir nach Santiago, unserem Endziel.
Wie schon oft erwähnt, ist der Camino Portugues im Allgemeinen sehr flach, aber der letzte Tag von Padrón nach Santiago war eine recht abwechslungsreiche Strecke mit vielen kleinen Steigungen. Auch das Wetter wechselte schnell. Mal regnete es stark, dann schien wieder die Sonne.
Wir durchquerten viele kleine Städte, aber aus irgendeinem Grund gab es nicht viele Cafés, in denen wir pausieren konnten. Erst 7 km vor Santiago konnten wir eine Mittagspause einlegen. Von hier aus schlängeln wir uns durch die Außenbezirke von Santiago. Auch auf dem Camino Frances waren die letzten Kilometer endlos, aber auf dem Camino Portogues geht es bis zur Kathedrale stetig bergauf, was sehr anstrengend und kräftezehrend ist.
Auch wenn der Jakobsweg von Porto aus eine relativ kurze Strecke ist und die Intensität des Erlebens nicht mit dem Camino Frances vergleichbar ist, war es ein sehr glückliches Ereignis, dass wir beide unser Ziel, Santiago, wohlbehalten erreicht haben.
Als Chizuru 2019 am Ende des Camino Francés in dieser Kathedrale ankam, wurde sie leider gerade renoviert und konnte nicht betreten werden.
Auch die berühmte Messe mit dem riesigen Weihrauchschwinger, dem Botafumeiro, fand nicht statt.
In diesem Jahr hatten wir aber das Glück, dass dank des durch die Corona verlängerten Heiligen Jahres einmal täglich eine Pilgermesse mit Botafumeiro stattfindet.
Wir konnten die Atmosphäre so richtig genießen, da die Messe komplett auf Spanisch gehalten wurde, und so den gesprochenen Text gut ausblenden konnten. Die Kathedrale und den Botafumeiro gesehen zu haben, war aber definitiv ein wunderbarer Abschluss dieser Wanderung für uns!
Wir hatten auch die Gelegenheit, das Pilgermuseum in Santiago zu besuchen, das wir beim letzten Mal nicht besucht hatten. Das Museum also ruhig einplanen!
Generell empfehlen wir 1 oder 2 weitere Tage in Santiago de Compostela zu bleiben, und sich mehrmals quer durch die kleinen Gassen zu schlemmen! Das Angebot ist riesig, die Qualität hervorragend und preislich – obwohl so touristisch – recht günstig.
Casa Celsa - Barbantes
Doppelzimmer mit eigenes Bad 59EUR
Sehr schönes Hotel nur wenige Metern von der Kathedrale entfernt. Unser Zimmer hatte einen kleinen Balkon, von dem aus wir die Pilgern auf dem Weg zur Kathedrale beobachten konnten.
Camino Portugues – Unser Fazit
Der Camino Portugues wird oft als für Anfänger geeignet bezeichnet, da die Strecke kurz und relativ flach ist. In der Tat ist der Weg nicht so anspruchsvoll, dass ihn jeder ohne besonderen Training gehen könnte. Aber selbst für uns, die wir an alpine Höhenunterschiede und anstrengende Strecken gewöhnt sind, stellte das spezielle portugiesische Kopfsteinpflaster – besonders an heißen sonnigen Tagen – eine große Herausforderung dar.
Insgesamt war der Jakobsweg im Landesinneren Portugals eine interessante Erfahrung. Es gab nur wenige Rastplätze und einige Strecken waren ohne Bürgersteig. Auch an die rasanten portugiesischen Autofahrer mussten wir uns erst gewöhnen.
Die Pilgerfreundlichkeit (= mehr Cafés, Herbergen und Picknickplätze am Wegesrand, Gehwege für Pilger) hat sich in Spanien deutlich verbessert. Zumindest haben wir das so empfunden.
Im Gegensatz zu einer Hüttentour in den Alpen, bei der man täglich spektakuläre Ausblicke genießt, ist der Jakobsweg eine bescheidene Reise mit einem klaren Ziel: Santiago zu erreichen. Dabei durchquert man viele Städte und Orte, die abseits des touristischen Trubels liegen. Auch wenn manche Orte nicht besonders attraktiv sind, gibt es immer wieder kleine versteckte Juwelen zu entdecken. Alles in allem ist der Jakobsweg ein unvergessliches Erlebnis, das man sich nicht missen sollte.
Es war das erste Mal, dass wir gemeinsam zu Fuß gepilgert sind.
Aber wir können sagen, so wie Chizuru ihren ersten Jakobsweg genossen hat, so begeistert ist Olli von der Reise zu Fuß zu seinem Ziel.
Wir haben schon viel von der Welt gesehen, aber wie Goethe einmal sagte, sind wir vielleicht nur an den Orten wirklich gewesen, an die wir zu Fuß gegangen sind.
Die nächste Reise zu Fuß ist jedenfalls schon geplant.
Phillipa
Richtig inspirierend! Danke, für diesen „Guide“. Nachdem ihr hier den Vorfall mit der Pilgerin erwähnt habt, würde ich diese Reise aber auf jeden Fall zu zweit machen. Ich bin vor ein paar Jahren nach Mallorca ausgewandert und habe mir dort eine Wohnung gekauft. Seitdem bin ich fast jedes Wochenende zu Fuß mit Rucksack unterwegs und erkunde die Insel. Ich kann da am besten abschalten! Mal sehen, wen ich überreden kann, eure Tour nachzugehen :)